Stadtpark / Villa auf dem Pflugensberg
Der Stadtpark ist mit rund 26,7 Hektar die größte und gleichzeitig die bedeutendste öffentliche Grünfläche der Stadt Eisenach. Er ist in weiten Teilen waldartig mit einem alten und biologisch sehr vielfältigen Baumbestand. Zahlreiche Spazier- und Wanderwege sowie eine Parkstraße, die Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße, erschließen die naturnahen Wiesen mit Sichtachsen zur Stadt. Er erstreckt sich oberhalb der ehemaligen Brauerei, oberhalb der Bahnhofstraße und der Wartburgallee. Zugänge hat er aus der Stadt vom Bahnhof her, vom Karlsplatz durch das alte Stadttor und durch einen speziellen Treppen-Fußweg, an dessen Ende ein Eingangsplatz gestaltet wurde. Weiterhin erschließen öffentliche Fußwege am Eichrodter Weg, an der Johann-Sebastian-Bach-Straße und Waldhausstraße den Park.
Der heutige Park läßt sich in drei Bereiche unterteilen: den im 19. Jahrhundert als Eisenacher Stadtwald aufgeforstete Gehölzstreifen entlang des Eichrodter Weges und des Riesengrabens als östlichen Teilbereich. Im Zentrum den um 1880 konzipierten Stadtpark mit Spielplatz, Liegewiesen und Wegenetz und im Westen den Bereich um die Villa Pflugensberg (Eichelscher Garten).
Die Geschichte des Stadtparks beginnt im Jahr 1708, als die vermögende Witwe des Eisenacher Obristleutnants von Pflug ein weitläufiges Wiesengrundstück am Westhang der damals noch Goldberg und ab etwa 1725 Pflugensberg genannten Anhöhe, das bis an die Stadtbefestigung am Felsenkellerturm reichte, erwarb. Ihr Sohn, der Eisenacher Oberjägermeister Otto von Pflug, kaufte 1719 das als Lussenhof bezeichnete Altstadtquartier an der Stadtmauer. Mit eine Schlupfpforte in der Stadtmauer und einem hölzernen Steg über den Stadtgraben wurden beide Grundstücke verbunden. Außerdem wurde in Mittelhanglage ein zweigeschossiges Gartenhaus erbaut.
1725 erwarb der Eisenacher Herzog Johann Wilhelm das Grundstück für 1.500 Taler. Nach seinem Tod wechselte der Besitz in rascher Folge die Eigentümer.
Seit Alters her wurde die Südseite des Berges zum Hopfenanbau genutzt. Aus einem Hohlweg zur Göpelskuppe entwickelte sich die spätere Bornstraße. Wiesen und Weiden in der Eisenacher Flur wurden zu jener Zeit von drei Schäfereigenossenschaften bewirtschaftet. Die einst zum Eisenacher Nikolaikloster gehörende Schäferei an der Sandgasse hatte die Triftrechte für den östlichen Flurbezirk bis zum Gefilde und zur Weinstraße. Die Schäferei auf dem Pflugensberg endete nach 1830, als auf der Südseite des Pflugensberges erste Aufforstungen zur Anlage eines Stadtwaldes begannen.
Auf der Nordseite des Pflugensberges befinden sich seit dem Mittelalter zahlreiche über den Hang verteilte Hohlwege. Es sind die Reste der alten Verkehrswege zu den Nachbarstädten Ruhla, Schmalkalden und Meiningen.
An dieser Trasse befand sich bis 1805 der weithin sichtbare Platz des Eisenacher Hochgerichtes, welches im Zuge der Errichtung des Katharinenklosters um/nach 1200 hierher umverlegt worden war. Der Galgen-Hügel wurde als Monte Patibuli in den mittelalterlichen Urkunden zur Eisenacher Rechtsgeschichte und 1572 erstmals mit der deutschen Bezeichnung Galgenberg erwähnt, die vom Volksmund spöttisch als Goldberg umbenannt wurde.
Der Eisenacher Industrielle und Mäzen Friedrich Eduard von Eichel-Streiber erwarb Ende der 1830er Jahre die westliche Partie des Pflugensberges mit dem Pflug'schen Gartenhaus. Sein Ziel war es zunächst, dort einen privaten Garten im Biedermeierstil anzulegen. In seinem Auftrag gestaltete Eduard von Petzold das Areal in den Jahren 1841 bis 1844 in einen Landschaftsgarten um. Dazu gehörten die große Parkwiese im Norden, waldartige Bereiche an den oberen Hängen und die Plateaufläche, auf der später die Villa errichtet werden sollte.
Zeitgleich wurden im östlichen Teil erneut Aufforstungen vorgenommen und eine Kirschplantage angelegt.
1874 wurde von der Stadt Eisenach eine acht Kilometer lange Trinkwasserleitung nach Farnroda in Auftrag gegeben. Der Hochbehälter wurde auf dem Pflugensberg mit einem Fassungsvermögen von 740 m3 errichtet. Die bis zu 9 Zoll starken gusseisernen Wasserleitungen versorgten das zunächst 14 km messende Rohrnetz in der Eisenacher Altstadt.
Dank dieser günstigen Voraussetzungen setzte ein Bauboom am Pflugensberg ein. 1892 eröffnete ein vermögender Eisenacher Gastronom das Hotel Waldhaus, die Stadtverwaltung bewilligte die Bebauung von Villengrundstücken entlang der Bornstraße und gegenüber der Brauerei.
Die Villa auf dem Pflugensberg
In den Jahren 1890 bis 1892 wurde die schlossähnliche Villa Pflugensberg im Auftrag des Industriellen Friedrich Eduard von Eichel-Streiber nach Plänen der Frankfurter (Main) Architekten Ludwig Neher und Aage von Kauffmann erbaut. Die örtliche Bauleitung oblag dem Eisenacher Architekten Christian Hermann Friedrich Hahn. Die mit Fachwerkelementen gestaltete Villa verfügt über eine Wohnfläche von 3.000 Quadratmetern, verteilt auf 90 Zimmer.
Ab 1888 wurde ein Wegenetz angelegt. Die Bezeichnung Stadtpark wurde 1890 im Rahmen weiterer Gestaltungen eingeführt. Der von Petzold empfohlene Gartenkünstler und königlich-sächsischen Gartendirektor Max Bertram entwarf und realisierte von 1898 bis 1900 das Gesamtkonzept eines historischen Landschaftsparks. Neben den bereits vorhandenen Großräumen schuf Bertram eine Kombination aus Teppichbeeten sowie ein Bewässerungssystem mit Verbindung zum nahen Hochbehälter des Eisenacher Wasserwerkes. Es entstanden ein Tennisplatz und ein Rosengarten im östlichen Teil des Grundstücks. Aussichtspunkte boten vom Park aus einen Panoramablick auf die Wartburg, das Mariental oder das Tal der Hörsel mit dem nördlichen Stadtgebiet. Über seine Eisenacher Projekte berichtet Bertram auch ausführlich in seinem Lehrbuch zur Gartenkunst (Max Bertram: Die Technik der Gartenkunst. Ein Leitfaden für Gartenkünstler und als Lehrbuch in Gärtnerlehranstalten. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin 1902, S. 112.). Allerdings wurde das Konzept nicht komplett umgesetzt, so daß sich die Anlage noch heute von ihrer Grundstruktur her wie um 1900 präsentiert.
Außerdem entstanden nach 1900 noch weitere Funktions- und Wirtschaftsgebäude wie bspw. das als Rentamt bezeichnete Verwaltungsgebäude in der Bornstraße (heute Johann-Sebastian-Bach-Straße) am südlichen Zugang zum Grundstück. Dahinter folgten eine Gärtnerei mit Gewächshäusern und Mistbeeten sowie der Reitstall, am Platz des ehemaligen Pflug'schen Gartenhauses. Die Hauptzufahrt zum Grundstück erfolgte über die heutige Dr.-Moritz-Mitzenheim-Straße. Dort befand sich ein weiteres Wohngebäude für die Hausverwaltung.
Das Grundstück war entsprechend der städtischen Satzungen vollständig eingezäunt und entlang der heutigen Wartburgallee (damals wurde diese gerade als Karthäuserstraße projektiert) durch eine mannshohe Klinkersteinmauer abgegrenzt. 1903 wurde am Eingang des Stadtparks ein Denkmal zu Ehren von Otto von Bismarck geweiht.
Friedrich Georg von Eichel-Streiber, der Erbe des 1905 verstorbenen Erbauers, musste nach dem Ersten Weltkrieg das Landhaus Pflugensberg verkaufen, da die enormen Aufwendungen für den Erhalt des Gebäudes und die Pflege der Parkanlage nicht finanzierbar waren. Zunächst gelangte die Villa in den Besitz der Stadt Eisenach, bevor sie am 1. April 1920 von der Thüringischen Landeskirche als Verwaltungssitz übernommen wurde. Die Eisenacher Stadtverwaltung nutzen den mehrfachen Besitzwechsel, um die Wege- und Nutzungsrechte in öffentlichem Interesse neu zu regeln. Die Besucher des Stadtparks konnten nun das Wegenetz des Eichelschen Parkgeländes bis dicht an die Villa für Spaziergänge nutzen. Die betreffenden Wege wurden im Gegenzug nun durch das städtische Gartenamt unterhalten.
Im Zweiten Weltkrieg wurden in den Wiesen neben der Villa Kartoffelfelder zur Unterstützung bedürftiger Gemeindemitglieder angelegt. Bei mehreren Luftangriffen wurde das Gelände der Reichsbahn mit Haupt- und Güterbahnhof beschossen, wobei auch umliegende Gebäude und der Stadtpark getroffen wurden.
Im Sommer 1945 übernahm Moritz Mitzenheim als erster Bischof der Thüringischen Landeskirche die Amtsgeschäfte auf dem Pflugensberg. Die Verwaltung war angewiesen, gelegentliche Touristen nur vom Kernbereich um die Villa fernzuhalten, um die Arbeit der Verwaltungsmitarbeiter nicht zu stören, angemeldete Besucher waren stets willkommen.
Das markante Gebäude bildet seit seiner Errichtung den Mittelpunkt des Stadtparks, auch wenn es seit der Verlegung des Bischofssitzes nach Magedeburg und des Umzugs des Landeskirchenamts 2011 nach Erfurt leer steht. Eine gemeinnützige Kultur-Stiftung ist seit 2017 im Besitz des Denkmals, läßt auch dessen unmittelbares Umfeld pflegen.
Das Bismarckdenkmal wurde noch 1945 demontiert und die Sockelreste bis 1963 vollständig abgetragen.
Der Eisenacher Stadtarchitekt erhielt Anfang der 1970er Jahre den Auftrag, Pläne für eine Modernisierung des Stadtparks auszuarbeiten. Geplant waren eine Freilichtbühne mit Sommerkino und Imbiss und ein Freibad im östlichen Teil des Stadtparks, eine Aussichtsterrasse mit Gaststätte sollte unmittelbar oberhalb der Eisenacher Brauerei am Platz der ehemaligen Gärtnerei entstehen. Die Pläne sahen auch die Neugestaltung des Denkmalplatzes an der Wartburgallee und eine Reduzierung des Wegenetzes vor. Die meisten Ideen konnten nach Prüfung der örtlichen Gegebenheiten nicht realisiert werden (störender Lärm vom nahen Güterbahnhof, übelriechende Abluft und Dämpfe vom Sudhaus der Brauerei usw.).
Um 1980 hatten mehrere Unwetter den Raum Eisenach gestreift und auch zu schweren Schäden am historischen Baumbestand im Stadtpark geführt. Die Abteilung Park- und Grünanlagen des VEB Eisenacher Stadtwirtschaft erhielt die Aufgabe, für die Ersatzpflanzungen geeignete Gehölze und Bäume zu beschaffen. Auch der als Abenteuerspielplatz gestaltete Bereich musste teilweise erneuert werden. Um aktiv das Stadtbild zu verschönern hatten sich Anfang der 1980er Jahre mehr als 100 engagierte Bürger aus der Wartburgstadt bei der Stadtverwaltung zur Bildung ehrenamtlicher Pflegebrigaden gemeldet.
Nach der Wende wurde 2001 nach gartenhistorischen und denkmalpflegerischen Aspekten ein Parkpflegekonzept erstellt, bei dessen Umsetzung der Park weitgehend wieder seinem Ursprungszustand entsprechen würde. Aus finanziellen Gründen wurde dieses Konzept bislang, bis auf einzelne Maßnahmen wie das Freischneiden historischer Sichtachsen, nicht umgesetzt.
Zu Beginn des Jahres 2023 ist das gesamte Gelände infolge jahrzehntelanger Vernachlässigung total verwahrlost und befindet sich in einem völlig desolaten Zustand. Der allgemeine Verfall ist unübersehbar: Stützmauern drohen einzufallen oder sind längst eingestürzt, Treppen, Geländer und Aussichtsplattformen sind marode, früher eingefaßte Wege sind ausgewaschen und nicht mehr als solche zu erkennen. Die ursprüngliche Parkarchitektur ist nur noch rudimentär sichtbar, da sie in Folge mangelnder Pflege verbuscht und verwaldet.
Nichts gedeiht ohne Pflege und vortrefflichsten Dinge verlieren durch unzweckmäßige Behandlung ihren Wert.
—Peter Joseph Lenné (Preuß. Hof-Gartenkünstler 1789-1866)