Die Betteleiche im Hainich

Die Betteleiche im Hainich im Oktober 2021 Wikipedia

Die Betteleiche ist einer der markantesten Bäume im Hainich. Sie ist etwa 600 bis 800 Jahre alt und wegen ihrer doch recht zentralen Lage zwischen Reckenbühl bei Kammerforst, Berka vor dem Hainich, Mülverstedt, Weberstedt und der Thiemsburg ein beliebtes Ziel von Wanderern und Radfahrern. Es handelt sich bei dieser Stieleiche um einen der interessantesten Bäume in Thüringen, was Geschichte und Aussehen angeht.

Früher verlief eine der bedeutendsten europäischen Ost-West-Handelsverbindungen an der Betteleiche vorüber — die Hohe Straße, die Via Regia, die aus dem Pariser Raum kommend über Frankfurt/Main, Eisenach, Erfurt und Leipzig nach Breslau und weiter bis in die Ukraine bzw. Russland führte. Der Baum markiert den Kreuzungspunkt des Rennstiegs (nicht: Rennsteigs) mit dieser Straße. Der thüringische Teil der Hohen Straße hatte als Geleitstraße zu den wichtigen Messen in Leipzig und Frankfurt eine große Bedeutung.

Ihre Form soll die Betteleiche Mönchen verdanken, so jedenfalls erzählt es die Sage: Bis 1525 gab es unweit der Betteleiche ein Kloster in der Kleinsiedlung Ihlefeld, die heute nicht mehr existiert. Die Geschichte von Ihlefeld selbst beginnt um 1110: Die Bruderschaft des Heiligen Antonius bekam ein Waldgebiet geschenkt, in dem die Mönche eine Herberge (Antoniusherberge) und die Klause Eilfelden errichteten. Später soll die Klause an die Franziskaner übergangen sein und als Walpert — als Wallfahrtsort — eine wichtige Rolle gespielt haben. Die noch heute anzutreffenden Flurnamen Mönchsfeld, Mönchsbrunnen, Siechenholz, Kirchberg und Walpertal weisen darauf hin. Die dort lebenden Mönche, die laut ihren Ordensregeln keinen Besitz haben und nicht betteln durften, kümmerten sich um Kranke, lasen Seelenmessen für Verstorbene und standen auch den auf der Via Regia vorüberziehenden Reisenden bei.

Dafür erhielten sie dankbare Gaben, teils versehen mit Fürbittbriefen. Die legten die Spender am Fuß der Betteleiche ab, denn das Überschreiten der Klosterschwelle war ihnen untersagt. In den Baum hatten die Mönche eine kastenförmige Höhlung geschlagen in der sich, so vor Witterungseinflüssen geschützt, ein Bildstock befand. Im Laufe der Jahrhunderte erweiterte sich diese Höhlung durch Regen, Frost und Hitze und teilte schließlich den Stamm. Wegen des hohen und breiten Durchgangs sieht es heute es so aus, als ob zwei Eichen miteinander verwachsen wären.

Mitte des 15. Jahrhunderts wurde die Klause vom St. Katharinenkloster Eisenach erworben, mit Nonnen des Zisterzienserordens besetzt und vor allem als Wirtschaftshof genutzt. Reformation und Bauernkrieg beendeten das monastische Leben im Hainich.

Die Antoniusherberge soll — der örtlichen Überlieferung nach — zum Unterschlupf für Räuber und Wegelagerer geworden sein und wurde schließlich von Bewohnern der umliegenden Hainichdörfer zerstört. Dem letzten Wirt Viescheringk wurden auch Mordfälle zur Last gelegt.

Ihlefeld selbst gelangte nun als Lehngut in den Besitz der Herren von Hopfgarten, den Burgherren der Burg Haineck, die die Kleinsiedlung zum Forstgut entwickelten.

1964 wurden, wegen der Errichtung des Truppenübungsplatzes Weberstedt, die letzten Gebäude von Ihlefeld abgerissen. Die Wüstung ist als Rodungsinsel im Wald noch erkennbar, auf dem Keller eines der Forsthäuser wurde nach 1990 eine Wanderhütte errichtet.

Die Betteleiche liegt in der Gemarkung der Gemeinde Mülverstedt. Den kürzesten Fußweg zu ihr hat man jedoch vom Reckenbühl bei Kammerforst aus (2,5 Kilometer). Der Wanderweg dort ist ist leicht, ohne viele Höhenmeter. Angelegt ist auch der Betteleichen-Rundwanderweg. Er ist zwölf Kilometer lang und beginnt an der Nationalparkinformation Kammerforst, am Obergut. Er überwindet knapp 200 Höhenmeter. Drei Stunden sollte man dafür einplanen.

Nahe der Betteleiche am Hauptfahrweg nach Mülverstedt befindet sich das Ihlefelder Kreuz. Es erinnert an einen Jagdunfall mit einem Braunbären. Die auf der Vorderseite des Steins erkennbare Szene zeigt einen vom Schrecken erstarrten Jäger mit einem Jagdspieß in der Hand, der von einem auf den Hinterpfoten stehenden Bären angesprungen und niedergeworfen wird.

An einer Wegekreuzung am Ihlefeld befand sich seit dem Mittelalter der markante Wegweiser Eiserne Hand. Er wurde 1554 in einem Bad Langensalzaer Amtsbuch als Geländemarkierung erwähnt. Heute befindet sich dort eine Kopie, das Original wurde 1964 sichergestellt und am Schloss in Mülverstedt neu aufgestellt.