Die Mär vom Danhäuser
Es ging ein Lied um in deutschen Landen, das sang und sagte von dem Danhäuser, wie derselbe bei Frau Venus (Frau Hulda) in einem Berge verweilt, und mit ihr der Minne Lust und Seligkeit genossen, dann aber aus dem Berge begehrt habe, aus Uebersättigung und Reue. Und aus dem einen wurden hernachmals der Lieder mehrere mit mannichfaltiger Veränderung und Abwandlung, doch blieb der mythische Grundzug in allen ein und derselbe. Auch der oben erwähnte Agricola, der die alten Lieder und Sagen sehr gut kannte, obgleich er sie zumeist verwirft und als Fabeln bekämpft, gedenkt dieser Märe, indem er sagt: „Da richtet der Teufel an einen Venus Berg, davon man singt im Thanhäuser in Lamperten, wie ich sagen will im (Sprich) Wort von dem treuen Eckhart, da füret er Leut hinein und weiset ihm viel seltsamer Gesichte, auch von den Leuten, die noch lebten.“ Und an der angezogenen Stelle, bei der Erklärung des Sprichworts vom treuen Eckhart sagt Agricola: „Es ist ein Fabel, wie der Danheuser im Venus Berg gewesen sei, und hab darnach dem Bapst Urbano zu Rom gebeichtet. Bapst Urbanus hat einen Stecken in der Hand gehabt, und gesagt: So wenig als der Stecken könnte grünen, also wenig möge Danheuser Vergebung seiner Sünden erlangen vnd selig werden. Da ist Danheuser verzweifelt und wider in den Berg gangen und ist noch darinnen. Bald hernach empfäht Bapst Urbanus eine Offenbarung, wie er soll dem Danheuser seine Sünde vergeben, denn der Stecken beginne zu blühen.“
„Darum schickt der Bapst aus in alle Lande und ließ den Danheuser suchen, aber man konnte ihn nirgend finden. Dieweil nun der Danheuser also mit Leib und Seele verdorben ist, sagen die Deutschen, der treue Eckhart sitze vor dem Berge und warne die Leute, sie sollen nicht hinein gehen, es möcht’ ihnen sonst ergehen wie dem Danhäuser.“
Dieß die Sage in ihrer einfachsten Form und Gestalt, mit ihrem Stabwunder, das in einer schwedischen Sage ganz ähnlich und doch wieder nicht völlig ähnlich zu Tage tritt. Hier folgt nun auch in seiner ursprünglichen Gestalt als fliegendes Blatt – das ächte alte Danheuserlied.
(Ludwig Bechstein, TSB)